Ein Gespräch mit Clemens Schömann-Finck sowie Fragen und Antworten zum hartnäckigen Mythos Überrendite. – Du möchtest den Beitrag lieber hören statt lesen? Dann nutze unsere YouTube-Audioversion!
Clemens, in deinen regelmäßigen Kolumnen u. a. für FOCUS Online schreibst du immer wieder über das Thema Überrendite. Das sei nicht unbedingt die richtige Anlagestrategie für Privatanleger. Dabei triffst du Aussagen wie:
- Es erfordert viel Disziplin, einer breit gestreuten ETF-Strategie treu zu bleiben, während andere mit Börsenerfolgen prahlen. Aber das ist doch gar nicht schlimm, solange man nur so gut ist wie der Markt.
- Den Gesamtmarkt zu schlagen, ist schwierig und die Erfolgswahrscheinlichkeit sollte klein sein. Ansonsten könnte es jeder schaffen und die Gelegenheit würde verschwinden.
- Jeder Anleger sollte die Strategie wählen, mit der er seine Ziele erreichen kann. Wenn man das ohne das zusätzliche Risiko des Versuchs, den Markt zu schlagen, erreichen kann, sollte man es nicht probieren.
- Es ist durchaus möglich, als Laien-Investor eine ansehnliche Rendite zu erzielen. Um diese zu verbessern, braucht es allerdings erhebliche Anstrengungen. Wer nur versucht, ein bisschen cleverer zu sein, endet oft damit, schlechter abzuschneiden.
Dazu ein paar Fragen:
Warum ist es so schwer, den Markt langfristig zu schlagen?
Clemens: Den Markt langfristig zu schlagen ist wirklich nicht einfach, weil man besser sein muss als der Durchschnitt aller anderen Marktteilnehmer. Das sind Millionen von Anlegern, darunter auch viele professionelle Fondsmanager. Die wirklich unterbewerteten Aktien zu finden, die der Markt übersehen hat, ist wirklich nicht einfach. Viele Marktteilnehmer analysieren und bewerten die gleichen Informationen, was es sehr unwahrscheinlich macht, dass man einen signifikanten Vorteil gegenüber dem Markt hat.
Welche Fehler machen Privatanleger häufig, wenn sie versuchen, eine Überrendite zu erzielen?
Clemens: Ein häufiger Fehler ist, dass Anleger zu oft handeln und bei jeder Marktschwankung ihre Positionen umschichten. Sie versuchen, den Markt zu timen, was sehr schwierig ist. Studien zeigen: Je mehr Transaktionen, desto niedriger die Rendite, weil die Gebühren die Gewinne auffressen. Zudem führt häufiges Handeln oft dazu, dass Anleger emotional reagieren und in Panikverkäufe oder euphorische Käufe verfallen, anstatt rational und langfristig orientiert zu bleiben.
Wie überzeugst du Leser, die skeptisch sind, davon, dass man wirklich „nur” mit Marktrendite zufrieden sein sollte?
Clemens: Der Zinseszinseffekt ist der große Vermögenshebel. Er sorgt dafür, dass das angelegte Geld sich immer schneller vermehrt. Es kommt zu einem exponentiellen Wachstum. Denn der Zinseszinseffekt wirkt nicht nur auf die eingezahlte Summe, sondern auf all die Gewinne, die sich schon angesammelt haben. Das zeigt, welche Summen allein dadurch möglich sind, auch ohne den Markt schlagen zu wollen. Es ist wirklich ganz einfach: Entscheidend ist, dass man überhaupt in Aktien investiert und das langfristig und diszipliniert durchzieht. Mit einer globalen Streuung über ETFs kann man ganz entspannt an der Wertentwicklung der Weltwirtschaft teilhaben, ohne sich stressen zu müssen, ständig den Markt outperformen zu wollen. Das ist wirklich eine tolle Möglichkeit für Privatanleger.
Das klingt, als ob es super sinnvoll wäre, den Zinseszinseffekt für den Vermögensaufbau seiner Kinder zu nutzen. Richtig?
Allerdings. Eine richtig gute Möglichkeit, um Kindern ein Vermögen aufzubauen, ist das Kindergeld-Depot. Dabei wird jeden Monat das Kindergeld in den ETF-Sparplan eingezahlt. Das funktioniert natürlich nur, wenn man nicht darauf angewiesen ist und es somit frei verfügbar ist. Eine Beispielrechnung zeigt, was dann möglich ist: Für die ersten drei Kinder gibt es 250 Euro. 250 Euro jeden Monat über 20 Jahre sind 60.000 Euro (250 x 12 x 20). Das Geld kommt einfach so vom Staat. Wenn man eine jährliche Rendite von 5,6 Prozent annimmt, hat man nach 20 Jahren über 108.000 Euro. Die 5,6 Prozent sind die jährliche Realrendite des MSCI World zwischen 1970 und 2021, also kaufkraftbereinigt. Das heißt, die Inflation ist berücksichtigt. Noch besser wird es, wenn das Kind den Kapitalstock gar nicht benötigt und das Vermögen einfach weiterarbeiten lässt, ohne selbst einen einzigen Euro weiter einzuzahlen. Dank des Zinseszins-Effekts vermehrt sich das Geld bis zum Rentenalter mit 67 auf 1.410.482 Euro.
Danke für deine Antworten, Clemens!
Clemens Schömann-Finck
Clemens Schömann-Finck, geboren 1979, kam auf dem klassischen Weg zum Journalismus: Er begann während seiner Schulzeit als freier Mitarbeiter in einer Lokalredaktion. Später studierte er Journalistik, absolvierte ein Volontariat bei der „Bunten“ und arbeitete danach als Redakteur für das Anlegermagazin FOCUS-MONEY. Für FOCUS Online berichtet er seit 2010 über Unternehmen und Finanzmärkte.
Unsere Überrendite-FAQ
Viele Leute glauben, dass man mit einer cleveren Anlagestrategie den Markt schlagen und eine bessere Rendite erzielen kann. Viele Anleger träumen davon, durch kluge Entscheidungen und die richtige Auswahl von Aktien oder anderen Anlageprodukten mehr zu verdienen als der Durchschnitt. Aber die Realität sieht oft anders aus.
Es klingt verlockend, den Markt schlagen zu wollen, aber das ist nicht immer die beste Idee. Der Versuch, den Markt zu übertreffen, ist mit vielen Risiken verbunden. Die Kosten für häufige Transaktionen und die Zeit, die man in die Analyse und Auswahl von Anlagen investieren muss, können die Rendite erheblich schmälern. Außerdem ist es extrem schwierig, den Markt langfristig zu schlagen, selbst für professionelle Fondsmanager.
Der Versuch, den Markt zu schlagen, birgt mehrere Risiken:
– Verluste durch falsche Prognosen: Die Märkte sind unberechenbar und es ist sehr schwierig, ihre Entwicklung vorherzusagen. Falsche Entscheidungen können zu erheblichen Verlusten führen.
– Hohe Transaktionskosten: Häufiges Handeln führt zu hohen Gebühren, die die Rendite des Portfolios mindern können.
– Emotionale Entscheidungen: In Zeiten von Marktschwankungen neigen Anleger dazu, impulsiv zu handeln, was oft zu unnötigen Umschichtungen und Verlusten führt.
Eine echt tolle Alternative sind breit diversifizierte Indexfonds oder ETFs. Die bilden die Entwicklung des Gesamtmarktes ab und bieten eine stabile und langfristige Rendite. Sie sind kostengünstiger und weniger risikoreich als der Versuch, den Markt zu schlagen.
Risikostreuung, auch Diversifikation genannt, ist ein wichtiger Faktor für den Anlageerfolg. Wenn man sein Kapital auf verschiedene Anlageklassen und Wertpapiere verteilt, kann man das Risiko minimieren. Eine gut diversifizierte Anlagestrategie schützt vor großen Verlusten und ermöglicht es, von den langfristigen Renditen der Märkte zu profitieren.
Geduld und Diversifikation sind die besten Freunde eines erfolgreichen Anlegers. Eine breit diversifizierte Anlagestrategie reduziert das Risiko und ermöglicht es, von den langfristigen Marktgewinnen zu profitieren. Geduld hilft dabei, kurzfristige Marktschwankungen zu ignorieren und an der langfristigen Strategie festzuhalten. So kann man ruhig schlafen und sich auf die schönen Dinge im Leben konzentrieren.
Passive Anlagestrategien haben viele Vorteile:
– Sie sind kosteneffizient, weil Indexfonds und ETFs weniger Gebühren haben als aktiv gemanagte Fonds.
– Sie sind weniger riskant, weil sie breit diversifiziert sind.
– Sie sparen Zeit, weil sie nicht ständig überwacht und angepasst werden müssen.
Sie sind transparent, weil Indexfonds und ETFs eine klare und transparente Anlagestrategie bieten.
Glück und Zufall spielen bei der Überrendite eine größere Rolle, als viele Anleger zugeben möchten. Oft werden überdurchschnittliche Gewinne dem Geschick oder der Expertise eines Anlegers zugeschrieben, obwohl Glück oder Zufall eine große Rolle gespielt haben könnten. Das muss man einfach mal sehen – und sich nicht auf kurzfristige Erfolge verlassen. Denk dran: Geduld, Diversifikation und eine langfristige Perspektive sind der Schlüssel zum Anlageerfolg.
Eine interessante Option, langjährig konservativ anzulegen und dennoch einige spannende Positionen im Depot zu haben, ist die Core-Satallite-Strategie, über die Luba Schoenig in ihrem Gastbeitrag schreibt.
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