Wenn dein Kopf an Zahlen klebt
Hast du schon mal ein Schnäppchen gejagt? Ein Shirt sinkt von 80 Euro auf 60 Euro. Du fühlst dich wie ein Sparfuchs. Oder eine Aktie kostet jetzt 10 Euro. Früher war sie 50 Euro wert. Du verschmähst sie. Das ist die Ankerheuristik. Dein Gehirn hängt an der ersten Zahl fest. Sie bestimmt, was du denkst. Und das mit Schwung.
Willkommen bei der Ankerheuristik (auch “Anchoring-Effekt”). Sie beschreibt das Phänomen, dass Menschen sich bei Urteilen und Entscheidungen stark an einem anfänglichen Referenzwert (Anker) orientieren – selbst wenn dieser zufällig oder irrelevant ist.
Die Ankerheuristik wirkt oft gemeinsam mit anderen kognitiven Verzerrungen wie Verlustaversion. Zusammen beeinflussen sie unsere Risikowahrnehmung und Entscheidungsfreude.
Was macht die Ankerheuristik?
Dein Kopf nimmt die erste Zahl. Sie wird zum Maßstab. Alles Weitere dreht sich darum. Ein Beispiel: Ein Produkt kostet 80 Euro. Dann fällt es auf 60 Euro. Das wirkt günstig. Dabei war 80 Euro vielleicht nie echt. An der Börse passiert Ähnliches. Eine Aktie lag bei 100 Euro. Jetzt steht sie bei 70 Euro. Du fühlst dich als Verlierer. Obwohl sie top ist. Dieser mentale Klebestreifen verzerrt alles.
Woher kommt der Trick?
Amos Tversky und Daniel Kahneman fanden das heraus. Ihre Studie von 1974 heißt Judgment under Uncertainty: Heuristics and Biases. Sie ließen Leute eine Zufallszahl ziehen. Zum Beispiel 10 oder 65. Dann sollten sie schätzen: Wie viele afrikanische Länder sind in der UNO? Wer 10 zog, schätzte niedrig. Wer 65 zog, hoch. Die Zahl hatte keinen Sinn. Trotzdem lenkte sie. Der Anker wirkt immer. Amos Tversky und Daniel Kahneman legten den Grundstein für die Verhaltensökonomie und zeigten erstmals, wie stark unser Denken von scheinbar zufälligen ‚Ankern‘ geprägt wird.
Wie trifft Ankerheuristik deine Finanzen?
Die Ankerheuristik stört auch beim Geld. Lazzarotto und Kollegen zeigen das 2012 in („Anchoring Heuristic and the Estimation of Accounting and Financial Indicators„). Menschen sahen eine zufällige Zahl. Danach schätzten sie den Gewinn einer Firma. Die Zahl zog sie mit. Ihre Schätzung war falsch.
An der Börse wird’s wilder. Gómez Mejía fand 2021 in „Effect of heuristic anchoring in stock market forecasts“ heraus: Alte Höchststände verführen. Investoren treffen schlechte Entscheidungen. Der Anker blendet sie.
Wie löst du den Anker?
Du kannst ihn knacken. Sammle mehr Infos. Schau über die erste Zahl hinaus. Frag dich: Würde ich das ohne den Startpreis kaufen? Setz deinen eigenen Wert. Vergiss alte Zahlen. Recherchiere klar. Wissen hilft.
Weitere Tipps:
Zahlen checken: Vergleiche Preise oder Werte über verschiedene Zeiträume und Quellen. Eigene Kriterien festlegen: Definiere, was dir ein Produkt oder eine Aktie wert ist, unabhängig vom ursprünglichen Preis. Alternative Anker nutzen: Bewerte ein Angebot zum Beispiel anhand des Marktpreises oder anderer Vergleichsdaten, statt nur an einem früher genannten Preis.
Fazit: Entscheide frei
Die Ankerheuristik ist ein sturer Ohrwurm. Sie bleibt hängen. Doch du kannst sie übersingen. Erkennst du sie, wirst du zum Star. Du entscheidest klar. Kein Kleben an alten Zahlen. Löse den Anker. Entscheidest du frei von alten Zahlen, verhinderst du verzerrte Urteile. Dein Blick wird klar und du kannst echte Schnäppchen von scheinbaren Rabatten unterscheiden.